Geschrieben von: Manfred Gerkensmeyer
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EU-Förderprogramme

EU-Förderprogramme: hunderte sind illegal

EU-Förderprogramme: hunderte sind illegal

Die Förderpolitik ist eine wichtige Aufgabe der EU-Kommission. Jahr für Jahr fließen große Teile des europäischen Haushalts in EU-Förderprogramme: rund 55 Mrd. Euro werden im Bereich der Agrarpolitik ausgegeben, rund 60 Mrd. Euro sind für Maßnahmen der Regional-, Struktur- und Innovationsförderung gedacht. Und obwohl es eine Vielzahl an Richtlinien und Vorgaben für die Mittelvergabe gibt, Missbrauch und Fehlleitung sind kein Einzelfall. Ursache dafür ist vor allem mangelnde Kontrolle.

Mitgliedsländer vernachlässigen Kontrolle

Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments befasst sich zwar intensiv mit Missständen und schreitet auch dagegen ein. Doch die Parlamentarier sind oft zu weit vom Ort des Geschehens entfernt, um ihre Aufsicht wirksam ausüben zu können. Die Kontrolle der regelgerechten Mittelvergabe und -verwendung liegt überdies schwerpunktmäßig bei den Mitgliedstaaten. Die üben diese Aufgabe aber nur unzureichend aus. Oft wird selbst bei festgestellten Verstößen nicht nachhaltig gegen Missbrauch vorgegangen, denn die Rückforderung unrechtmäßig beanspruchter Fördermittel könnte Wählerstimmen kosten und einflussreiche Lobby-Gruppen in dem jeweiligen Land vergrätzen.

Die meisten Programme sind betroffen

So kommt es, dass wohl jedes Jahr Milliardenbeträge aus EU-Töpfen zweckwidrig ausgegeben werden, ohne dass dies je sanktioniert würde. Zu diesem Ergebnis muss man jedenfalls kommen, wenn man sich die Ergebnisse interner Prüfungen der EU-Kommission ansieht. Die Kommission hatte eine sehr aufwändige Stichproben-Prüfung der EU-Förderprogramme vorgenommen - mit ernüchternden Ergebnissen. Bei den Regional- und Strukturprogrammen wurde bei 244 von insgesamt 322 Maßnahmen bei der Mittelvergabe offenbar erheblich gegen geltendes Recht verstoßen. Peinlich dabei: die nationalen Kontrollinstanzen hatten nur bei 113 Programmen Verstöße ermittelt. Noch gravierender ist die Situation wohl im Agrarbereich. Hier wurden bei mindestens 42 von insgesamt 71 Zahlstellen unrechtmäßige Auszahlungen festgestellt.

Beim Fördermittel-Missbrauch gibt es durchaus regionale Unterschiede. Im Agrarbereich sind es vor allem Bulgarien, Rumänien, Portugal und Griechenland, wo Verstöße besonders häufig vorkommen. Bei der Regional- und Strukturförderung liegen die größten Risiken dagegen in Belgien, Großbritannien, Spanien und der Slowakei.

Einige 'herausragende' Beispiele

Besonders eklatant sind dabei immer wieder Fälle, bei denen offensichtlich Unsinniges mit Millionenbeträgen gefördert wurde. Hier nur einige wenige Beispiele:

- In Tschechien wurde der Bau einer Hubbrücke über die Elbe mit 900 Millionen Euro EU-Mitteln gefördert, um hochbeladenen Containerschiffen die Durchfahrt zu ermöglichen. Die tschechische Schifffahrt betreibt solche Containertransporte aber gar nicht. Die Hubbrücke blieb daher bisher ungenutzt.
- 11,2 Millionen Euro Fördergelder flossen in neue Airport-Terminals im italienischen Alghero oder im spanischen Badajoz, obwohl schon die alten Terminals nicht ausgelastet waren.
- In Cordoba in Spanien wurde der Flughafen trotz eines Volumens von nur 7.000 Passagieren jährlich mit 13 Millionen Euro Fördermitteln nochmals erweitert.
- Ein Radweg um den Trasimenischen See in Mittelitalien wurde mit EU-Fördergeld so tief angelegt, dass er im Winter regelmäßig überflutet ist.
- Millionenbeträge werden in Tschechien und anderswo in Golfplätze und Wellnesscenter investiert.

Die Liste ließe sich sicher fortsetzen.

Wirksame Kontrolle nötig

Es ist diese offenkundige Fehlallokation von Mitteln, die ärgert. Europa braucht Investitionen notwendiger denn je. Aber diese müssen auch wirtschaftliche Perspektiven bieten. Nur dann ist Förderung gerechtfertigt. Von daher sind Anstrengungen für eine wirksamere Kontrolle im Hinblick auf EU-Förderprogramme dringend geboten.